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Wie man das Finanzamt an den Kosten seines Verfahrens vor dem Arbeitsgericht beteiligt

Eine der häufigsten mir von Mandanten im Erstgespräch gestellten Fragen ist regelmäßig die Frage nach den Kosten eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht. Hintergrund ist die spezielle Kostenregelung des Arbeitsrechts: Vor dem Arbeitsgericht trägt jede Partei die ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten nämlich selbst, unabhängig davon, ob sie den Rechtsstreit gewinnt oder verliert. Faustregel: „Jeder zahlt (nur) seinen Anwalt selbst, nie den des Gegners, egal, wie der Rechtsstreit ausgeht“. Eine Kostenerstattung durch den Gegner findet also selbst dann nicht statt, wenn man den Rechtsstreit gewinnt. Verliert man ihn, trägt man trotzdem nur die eigenen Anwaltskosten, nicht die des Gegners. Mein Mandant oder meine Mandantin hat also immer meine Kosten (die Anwaltskosten) „auf der Uhr“.

Ein Beispiel

Die Mandantin erzielt ein Bruttomonatseinkommen von 3.000,00 €, ich reiche eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein, gehe mit der Mandantin zusammen zur mündlichen Verhandlung (Gütetermin), dort gibt es keine Einigung, ich schicke für meine Mandantin weitere Schriftsätze ans Arbeitsgericht, es folgt ein zweiter Termin (Kammertermin), in dem sich beide Seiten auf einen – für die Mandantin sehr günstigen – Vergleich einigen. Meine Anwaltskosten betragen dann, aufgerundet, etwa 2.200,00 € (Gegenstandswert ist der Betrag des dreifachen Bruttogehalts, also 3 x 3.000,00 € = 9.000,00 €, darauf Verfahrens-, Termins- und Vergleichsgebühr, Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, Betrag dann auf volle hundert Euro nach oben aufgerundet).


Haben Mandant oder Mandantin eine Rechtschutzversicherung, die den Bereich Arbeitsrecht abdeckt, zahlen sie selber allenfalls eine sogenannte „Selbstbeteiligung“, also einen Betrag zwischen 100 und 300 Euro, je nach Vertrag. Den Rest trägt die Versicherung. Ohne Rechtsschutzversicherung kann auch die Beantragung von Prozesskostenhilfe infrage kommen, wenn die finanzielle Situation des Mandanten oder der Mandantin dies zulässt, also kaum Vermögen oder Einkommen vorhanden ist. In diesem Fall braucht keine Zahlung an mich geleistet zu werden. Allerdings wird die finanzielle Situation der Mandanten in den vier Folgejahren vom Gericht nachgeprüft, hat sie sich zwischenzeitlich entscheidend verbessert, dann kann tatsächlich eine Rückzahlung der zuvor von der Staatskasse verauslagten Gebühren infrage kommen. Hierüber berate ich im Erstgespräch ausführlich.

Kommt jedoch nach einer Prüfung, die ich für jeden Mandanten durchführe, weder die Kostenübernahme durch eine Rechtschutzversicherung noch die Gewährung von Prozesskostenhilfe infrage, müssen Mandant oder Mandantin die Kosten also zunächst einmal allein tragen. Hier wird dann zunächst einmal detailliert zu prüfen sein, inwieweit das Verfahren wirtschaftlich sinnvoll ist: Ist in einem Kündigungsschutzprozess allenfalls eine Abfindung von 2.500,00 € (brutto) zu erwarten und stehen dem vom Mandanten zu tragende Kosten in Höhe von 2.000,00 € gegenüber, wäre dem Mandanten von einer Klageerhebung abzuraten, es sei denn, es gibt über die Kündigung hinaus Dinge zu klären (Resturlaub, Zeugnis etc.), die die Klagerhebung trotzdem sinnvoll machen.

Ich bin der Auffassung, dass jeder Mandant und jede Mandantin einen Anspruch darauf haben, zumindest einmal vorgerechnet zu bekommen, ob sich die Sache im Ergebnis tatsächlich „lohnt“, wenn die Kosten vollständig von ihm oder ihr zu tragen sind. Anderenfalls kann von keinem Anwalt guten Gewissens zur Klageerhebung geraten werden!

Was indes bei einer solchen Prüfung häufig übersehen wird, sind die steuerrechtlichen Möglichkeiten, mit denen der zur vollen Selbstzahlung der Kosten belastete Mandant einen erheblichen Teil der ihm entstandenen Kosten über das Finanzamt zurückerstattet bekommen kann. Einzige Voraussetzung hierfür ist die Abgabe einer Steuererklärung für das Jahr, in welchem die Kosten anfallen (in welchem also die Anwaltsrechnung gezahlt wird).

Der Bundesfinanzhof als das oberste für Steuerfragen zuständige Gericht in Deutschland hat nämlich in mehreren höchstrichterlichen Entscheidungen klargestellt, dass die Kosten eines Prozesses, der die Zahlung von Arbeitslohn, eine Kündigung oder das Fortbestehen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses betrifft (also die üblichen Prozesse vor dem Arbeitsgericht!), für den Arbeitnehmer grundsätzlich Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 EStG darstellen (BFH Urteil VI R 272/61 S). Diese Grundsatzentscheidung stammt bereits aus dem Jahre 1963, wurde zwischenzeitlich jedoch in weiteren BFH-Entscheidungen bestätigt, so zum Beispiel im BFH-Urteil vom 9.2.2012, Aktenzeichen VI R 23/10.

Reichen der Mandant oder die Mandantin also für das Jahr des Prozesses (bzw. der Zahlung der Anwaltskosten) die Anwaltsrechnung und das Urteil des Gerichts zusammen mit der Steuererklärung beim Finanzamt ein, mindern diese gezahlten Kosten die Steuerlast und können zu einer erheblichen Steuererstattung führen.

Die Höhe der Erstattung kann zuvor von einem Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein genau ausgerechnet werden. Es gibt, auch das sollte gesagt sein, zudem Konstellationen, in denen auch eine Geltendmachung der Anwaltsgebühren von Werbungskosten dem Mandanten oder der Mandantin wenig oder gar nichts bringt. Meiner Erfahrung nach lohnt sich die Geltendmachung jedoch in den allermeisten Fällen, insbesondere natürlich dann, wenn ohnehin eine Einkommensteuererklärung abgegeben wird.

Die Geltendmachung der Kosten einer Klage vor dem Arbeitsgericht als Werbungskosten in der eigenen Steuererklärung sollte aber auf jeden Fall beachtet werden.

Vergisst man dies, verschenkt man mitunter erhebliche Beträge.

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