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Wenn soziale Netzwerke asozial werden…

Die Dazugehörigkeit zu sozialen Netzwerken erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Statistiken aus dem Jahre 2013 belegen beispielsweise, dass weltweit über 1.060 Mio. Nutzer bei facebook registriert sind, wovon ca. 26 Mio. auf Deutschland entfallen. Häufig hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf zivil- und vor allem datenschutzrechtliche Probleme. Dass aber auch die Grenze der Straflosigkeit zur Strafbarkeit recht dünn ist, ist wohl nur wenigen bewusst, denn kann gerade hier aus einem vermeintlichen Spaß eine strafrechtlich zu verfolgende Rechtsgutsverletzung werden.


Es sind vor allem die sog. Pinnwand-Funktionen, die Raum bieten, Beleidigungsdelikte nach den §§ 185 ff. des Strafgesetzbuches zu verwirklichen. Voraussetzung für eine strafbare Beleidigung ist die Kundgabe von Geringschätzung, Nichtachtung oder Missachtung einer anderen Person, welche zur Kenntnis des Beleidigten oder eines Dritten gelangt sein muss. Gerade im Internet ist die Begehung solcher Taten wegen einer herabgesetzten Hemmschwelle häufiger anzutreffen. In dieser (scheinbar anonymen) virtuellen Welt neigen Nutzer eher dazu, einen anderen zu beleidigen oder bloßzustellen.


Der (rechtlich) einfachste Fall ist der, in dem ein Nutzer auf seiner Pinnwand einen Kommentar, ein Bild oder ein Video zur Schau stellt, welches offensichtlich einen anderen in dessen Ehre verletzt. Dass in diesem Fall der Tatbestand einer Beleidigung, welcher übrigens mit bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft wird, erfüllt ist, liegt auf der Hand. Das größte Problem des Cybermobbings liegt aber an anderer Stelle: Das Internet vergisst nicht. Hat ein Nutzer einen Post veröffentlicht, so haben (je nach Einstellung) zumindest dessen Freunde die Möglichkeit, diesen zu kommentieren, zu teilen oder zu liken, was wiederum zur Folge hat, dass auch die Freunde des Kommentators an der Information teilhaben und gleichsam den Inhalt kommentieren, teilen und liken können. Dies führt zu einer sehr raschen Verbreitung, was es letztlich auch dem ursprünglichen „Poster“ nahezu unmöglich macht, die Informationen wieder zu beseitigen. Gerade aus diesem Grund kann der Charakter einer solchen Internet-Beleidigung weitaus ehrverletzender als der einer face-to-face-Situation sein, bei der nur Täter und Opfer Kenntnis von den Äußerungen nehmen, weshalb auch die Folgen des Cybermobbings für das Opfer nicht zu unterschätzen sind.


Es stellt sich im Weiteren die Frage, ob sich auch der Nutzer strafbar macht, der einen solchen Inhalt teilt oder die „Gefällt mir“- Funktion betätigt. Mit einem Klick des „Gefällt mir“- Buttons bringt der „Liker“ eine Bestätigung des Inhalts bzw. eine Solidarisierung mit diesem zum Ausdruck. Auch wenn mangels Kundgabe einer eigenen  Missachtung und mangels objektiver Beherrschbarkeit des Geschehens zwar eine täterschaftliche Strafbarkeit gem. §§ 185 ff. StGB nur schwer zu konstatieren ist, bleibt aber jedenfalls die Möglichkeit, den „Liker“ wegen Beihilfe (§ 27 StGB) zur Beleidigung zu bestrafen, bestehen.


Was das Teilen von Inhalten betrifft, macht sich der Nutzer regelmäßig den zunächst fremden Inhalt zu Eigen, da insbesondere auch vorherige Kommentare und „Gefällt mir“- Angaben nicht übernommen werden. Damit verleiht der Nutzer seiner eigenen Missachtung einer anderen Person gegenüber Ausdruck, weshalb insoweit eine täterschaftliche Verwirklichung des § 185 StGB anzunehmen ist.   


Es gilt also bei Internetaktivitäten stets wachsam zu sein und nicht unüberlegt Informationen zu liken oder zu teilen. Auch die Tatsache, dass solche Aktionen recht spontan erfolgen, ändert grundsätzlich nichts an der Strafbarkeit, da von einem Nutzer ein bewusster Umgang mit den einzelnen Funktionen erwartet werden kann. Sollten Sie – auf Täter- oder Opferseite - mit vorgenannten Sachverhalten konfrontiert werden, helfe ich Ihnen gern weiter.


Michael Ohlendorf
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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