Fehlende Motorradschutzkleidung bei einem Unfall
Bei Unfallverletzungen, die durch das Tragen geeigneter Schutzkleidung vermieden worden wären, droht Motorradfahrern eine Kürzung des Schmerzensgeldes.
Auch wenn den Unfallgegner eines Motorradfahrers die alleinige Haftung für den Verkehrsunfall trifft, muss sich ein Motorradfahrer doch ein Mitverschulden anrechnen und eine Kürzung seiner Schmerzensgeldansprüche gefallen lassen, sofern seine unfallbedingten Verletzungen darauf zurückzuführen sind, dass er keine geeignete Schutzkleidung getragen hat.
Verletzungsfolgen, die durch eine Schutzkleidung hätten vermieden oder vermindert werden können, sind daher von der Versicherung des Unfallgegners trotz dessen alleiniger Haftung nur gekürzt zu entschädigen. So hat es zuletzt das Oberlandesgericht Brandenburg im Jahre 2009 entschieden (AZ: 12 U 29/09).
"Umständehalber" kommt es wohl nicht gerade selten vor, dass Motorradfahrer auf kürzeren Strecken schon einmal auf das Tragen einer Schutzkleidung verzichten. Aber auch wenn das Anlegen einer Motorradschutzkleidung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, muss ein unfallgeschädigter Motorradfahrer unter Umständen dennoch eine Kürzung seiner Schmerzensgeldansprüche hinnehmen, soweit die Verletzungen ursächlich auf das Nichttragen einer Schutzkleidung zurückzuführen sind.
Grundsätzlich ist ein Mitverschulden eines Verletzten bereits dann anzunehmen, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beachtet. Dabei ist ein Mitverschulden im Rahmen eines Verkehrsunfalles nicht allein davon abhängig, ob der Geschädigte gegen gesetzliche Sicherheitsbestimmungen verstoßen hat. Nach Auffassung des OLG Brandenburg sind bei der Beantwortung der Frage, ob ein sogenanntes Verschulden gegen sich selbst vorliegt, vielmehr auch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr sowie der Gesichtspunkt, was den Verkehrsteilnehmern zuzumuten ist, um diese Gefahren möglichst gering zu halten, zu berücksichtigen. Eine Schutzbekleidung hat die primäre Aufgabe, den Motorradfahrer vor den negativen Folgen eines Sturzes zu schützen bzw. diese zu vermindern. Aufgrund der Instabilität des Fahrzeuges ist der Motorradfahrer nicht etwa nur bei Rennveranstaltungen, sondern auch im normalen Straßenverkehr besonders gefährdet. Unter Berücksichtigung dessen hat das OLG Brandenburg bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ein Mitverschulden des Motorradfahrers gegen sich selbst angenommen, weil erwiesenermaßen die erlittenen Beinverletzungen wie Prellungen und Risswunden nicht eingetreten wären, wenn er an den Beinen eine geeignete Schutzbekleidung getragen hätte.
In diesem Sinne hat auch das OLG Düsseldorf im Falle eines Rennradfahrers entschieden, der auf öffentlicher Straße mit einem Tempo von 30-40 km/h gefahren war, dabei aber keinen Schutzhelm trug und sich bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen zugezogen hatte. Der 67-jährige Rennradfahrer, der nach Auffassung des Gerichts "sportlich ambitioniert" unterwegs war, musste sich eine Kürzung seiner Schadensersatzansprüche gegen den Unfallgegner gefallen lassen, soweit diese die unfallbedingten Kopfverletzungen betrafen. Dem stand nicht entgegen, dass die Straßenverkehrsordnung das Tragen eines Schutzhelmes Rennradfahrern nicht vorschreibt. Entscheidend sei vielmehr, dass nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein das Tragen von Schutzhelmen jedenfalls für Rennradfahrer als Maßnahme des Selbstschutzes anerkannt ist ( OLG Düsseldorf I-1 U 182/06 ).