Neue Regeln beim Urlaub
Im Januar 2009 hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine radikale Änderung des bislang in Deutschland geltenden Urlaubsrechts herbeigeführt.
Nach dem hier für Arbeitsverhältnisse geltenden Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das folgende Kalenderjahr sieht das Gesetz nur in Ausnahmefällen vor. Wird der Urlaub übertragen, muss der Urlaub bis zum 31.03. des Kalenderjahres gewährt und genommen sein. Es steht allerdings den Parteien des Arbeitsverhältnisses frei, hier auch längere Übertragungszeiträume für Urlaub aus dem Vorjahr zu vereinbaren.
Die neue Rechtsprechung des EuGH, der sich auch das Bundesarbeitsgericht in mehreren Entscheidungen angeschlossen hat, wirkt sich insbesondere auf die Arbeitsverhältnisse langzeiterkrankter Arbeitnehmer aus. Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers entsteht danach auch dann in vollem Umfang, wenn ein Arbeitnehmer während des Kalenderjahres arbeitsunfähig erkrankt ist. Wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund seiner Erkrankung nicht in Anspruch nehmen kann, verfällt der Urlaub entgegen obiger Darstellung nicht nach Ablauf des gesetzlichen oder vereinbarten Übertragungszeitraums. Bei Arbeitnehmern, die bereits über mehrere Jahre arbeitsunfähig erkrankt sind, können sich so die jährlich erworbenen Urlaubsansprüche in erheblichem Umfang aufaddieren, so dass bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses u.U. erhebliche Zahlungsforderungen noch nachträglich geltend gemacht werden können, was für viele Arbeitnehmer sicher erfreulich ist.
Für Arbeitgeber allerdings hat dies zur Folge, dass sie hinsichtlich ihrer langzeiterkrankten Arbeitnehmer die bisherige Verfahrensweise schnellsten umstellen müssen, um sich hier nicht im Nachhinein erheblichen Zahlungsansprüchen ausgesetzt zu sehen. Regelmäßig ist es so, dass die Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmern, die lange erkrankt sind und voraussichtlich auch nicht mehr in den Arbeitsprozess zurückkehren, nicht beendet sind, d. h. es wurde weder eine Kündigung ausgesprochen noch ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen. Der Arbeitnehmer werden nach Ablauf der 6-wöchigen Lohnfortzahlung weiter in den Akten geführt. Ergibt sich dann möglicherweise erst nach 1 oder 2 Jahren, dass der Arbeitnehmer eine Rente wegen Erwerbsminderung erhält oder aus anderen Gründen ausscheidet, hat er die Möglichkeit, hier für die vergangenen Jahre die Nachzahlung des ihm zustehenden Urlaub zu verlangen.
Es ist bisher nicht entschieden, wie weit rückwirkend ein Arbeitnehmer Urlaubsansprüche geltend machen kann. Gegenwärtig liegt dem EuGH eine Anfrage des Landesarbeitsgerichts Hamm vor, in der geklärt werden soll, ob Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer angesammelt werden können oder aber ob sie zeitlich befristet sind, wobei hier die zeitliche Befristung mindestens 18 Monate betragen muss. Solange hier eine Entscheidung nicht vorliegt, müssen Arbeitgeber damit rechnen, dass Arbeitnehmer ihre über mehrere Jahre angesammelten Urlaubsansprüche im Rahmen einer Zahlungsklage ihnen gegenüber geltend machen.
Soweit sich hier sowohl für Sie als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber Fragen ergeben, stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Unter Umständen ist schnelles Handeln zur Vermeidung von Nachteilen erforderlich.