Gehaltsanspruch trotz unwetterbedingter Kinderbetreuung!
Schon ganzen Tag über beherrscht das Orkantief „Friederike“ heute die Schlagzeilen im Fernsehen und im Internet.
Und nun erreicht es auch den Arbeitsrechtler: Gleich am Vormittag rief mich eine Mandantin an und erzählte aufgeregt, dass die Kindertagesstätte ihrer kleinen Tochter unwetterbedingt geschlossen habe. Ihr Mann sei auf Montage im Ausland, weitere Betreuungsmöglichkeiten bestünden auch nicht. Sie müsse also heute daheim bleiben und fragte mich nun, ob sie für den heutigen Tag Urlaub einreichen oder – anderenfalls – eine Gehaltseinbuße hinnehmen müsse.
Ich konnte meine Mandantin beruhigen und ihr mitteilen, dass sie für den heutigen Tag weder Urlaub einreichen noch eine Gehaltskürzung hinnehmen muss.
Die rechtliche Lösung des Problems liefert § 616 BGB, die so genannte „vorübergehende Verhinderung“. Diese Vorschrift regelt, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin dann, wenn er oder sie für eine verhältnismäßig kurze Zeit durch einen in seiner / ihrer Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist, den Anspruch auf den Lohn auch ohne Arbeit behält.
Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht die Regel: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Wer als Arbeitnehmer/in also keine Arbeitsleistung erbringt, bekommt auch keine Vergütung. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen, zum Beispiel die Lohnfortzahlung bei Krankheit.
Und eben den § 616 BGB – hier darf der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben und behält trotzdem seinen Entgeltanspruch. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus persönlichem Grund ohne eigenes Verschulden ausfällt.
Die Frage, was eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ ist, ist grundsätzlich eine Einzelfallfrage – aber ein einzelner für die Kinderbetreuung notwendiger Arbeitstag fällt in jedem Fall unter den Begriff der verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit (verschiedene Urteile gehen hierbei sogar von maximal 10 Tagen aus).
Weiter muss ein persönlicher Grund vorliegen. Auch dieser ergibt sich vorliegend aus dem Gesetz. Meine Mandantin hat als Mutter einer kleinen Tochter nach § 1626 BGB (wörtlich:) „die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen“. Dem kann sie im vorliegenden Fall (KiTa geschlossen, anderweitige Betreuung nicht möglich) nur nachkommen, wenn sie das Kind tatsächlich „live“ betreut – und deshalb eben nicht arbeiten kann.
Und schließlich muss das Ganze auch noch „unverschuldet“ sein – was vorliegend auch kein Problem ist, da meine Mandantin weder für das Wetter noch die angeordnete Schließung der KiTa verantwortlich ist, und beides plötzlich und nicht planbar eingetreten ist.
Wichtig ist auch, dass die Arbeitnehmerin alles Zumutbare für eine Ersatzkinderbetreuung getan hat, also alles versucht hat, ihr Kind anderweitig betreut zu bekommen. Schließlich muss sie Ihren Arbeitgeber unbedingt frühestmöglich über ihre Verhinderung informieren – einfach nicht unangekündigt daheim zu bleiben, ist ebenfalls nicht mit § 616 BGB vereinbar.
Übrigens ist § 616 BGB nicht nur bei Orkantiefs von Relevanz – viel häufiger ist er zu prüfen, wenn Kindertagesstätten spontan bestreikt werden und aus diesem Grund eine Kinderbetreuung ohne persönlichen Einsatz eines Elternteiles (Vater oder Mutter bleiben daheim) nicht sicherzustellen ist.
Im Falle eines Streiks ist allerdings zu prüfen, wie weit vorher dieser angekündigt wurde. Wird die KiTa spontan bestreikt, ist § 616 BGB wohl ohne weiteres anwendbar. Ist der Streik der eigenen KiTa Tage vorher bekannt, dann muss das jeweilige Elternteil erhebliche Anstrengungen nachweisen, trotz der länger bekannten Schließung der KiTa keine alternative Betreuungsmöglichkeit gefunden zu haben.
Und schließlich – unbedingt den eigenen Arbeitsvertrag durchsehen - der Vergütungsanspruch gemäß § 616 BGB kann zulässigerweise im Arbeitsvertrag ganz ausgeschlossen sein. Dies ist meiner Kenntnis nach eher selten der Fall, sollte aber geprüft werden.
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